Justus V.,
tüchtiger
Pädagog und Philolog, stammte aus einer
angesehenen in Wetter bei Marburg ansässigen Familie und wurde
dort um das Jahr 1528 geboren. Seinen Vater verlor er schon
früh (1529), die Mutter verheirathete sich dann zum zweiten
Male. Nachdem er in der Schule seiner Vaterstadt und später in
Dillenburg sich für die Universität vorbereitet
hatte, begab er sich (1542) mit seinem älteren Bruder Johannes
zum Studium nach Marburg; von hier gingen sie nach Straßburg,
wo sie unter Butzers und Sturm’s
Leitung eifrig arbeiteten. Später finden wir die
Brüder in Erfurt, dann in Leipzig und Wittenberg (1546); an
letzterem Orte besuchten sie hauptsächlich Melanchthon’s
Vorlesungen. Infolge der unruhigen Zeiten verließen sie
Wittenberg und gingen zunächst nach Zürich. Hier
trennten sich dann die Brüder. Justus ging nach Basel, wo er
in enge Beziehungen zu Myconius und dem
gelehrten Buchdrucker Johannes Oporinus
trat. Für letzteren übersetzte er die Varia
historia des Aelian nebst den Politieen des Heraklides und
die Strategemata des Polyaen in das Lateinische. Doch auch in Basel
verweilte er nicht lange: zu seiner Ausbildung unternahm er (1548)
weitere Reisen, die ihn nach den Niederlanden, nachFrankreich und der
Schweiz führten. Nachdem er in Paris und Lausanne
längeren Aufenthalt genommen und die Bekanntschaft
Calvin’s in Genf gemacht hatte, ging er auf den Wunsch seiner
Eltern nach Wetter zurück, wo er die Leitung der Lateinschule
übernahm. In kurzer Zeit brachte er diese Anstalt zu solcher
Blüthe, daß sogar zahlreiche Studenten von Marburg
herüberkamen, um an seinem Unterrichte theilzunehmen. Diese
ausgezeichnete Thätigkeit verschaffte ihm im J. 1560 die
Stelle eines Pädagogiarchen in Marburg. Auch hier, wo es
zunächst galt die heruntergekommene Anstalt wieder zu heben,
entfaltete er eine in hohem Maße segensreiche Wirksamkeit und
zeichnete sich durch Gelehrsamkeit so aus, daß ihm nach dem
Tode des Professors Wigand Happel (1572) noch die Professur der
hebräischen Sprache an der Universität
übertragen wurde. Auch in diesem Amte erwarb er sich hohe
Anerkennung. Am 31. März 1575 starb er infolge eines Sturzes
und wurde auf dem Todtenhofe zu St. Michael in Marburg begraben. Er
hinterließ drei Söhne, von denen besonders der
Jurist Hermann V. (o. S.
389) zu hohem Ansehen gelangte, und eine Tochter, die die Gattin des
hess. Kanzlers Joh. Antrecht wurde. – Seine eifrige
Lehrthätigkeit und häufige Krankheiten haben ihm
wenig Muße für litterarische Arbeiten gelassen:
außer den oben erwähnten [392]
Uebersetzungen verfaßte er Gelegenheitsgedichte inlateinischer und griechischer Sprache,
Gedächtnißreden u.s.w.
Die Hauptquelle für seine
Lebensgeschichte ist Johann Antrecht’s Leichenrede auf V.
(Marburg 1575), wieder abgedruckt als Anhang zu Joh. Phil.
Kuchenbecker’s Vita Hermanni V.
(Gießen 1731). Einiges findet sich auch in seinen von Hermann
V. (Marburg 1612) herausgegebenen Poemata (5
Bücher). Vgl. ferner Chr. Koch, Gesch. d. akadem.
Pädagogiums in Marburg (zusammen mit Friedrich
Münscher, Gesch. d. Gymnasiums in Marburg, 1868) und Bursian, Gesch. d.
class. Philologie in Deutschland, S. 158. – Seine Schriften
sind aufgezählt bei Strieder, Grundl. zu einer hess.
Gelehrten- u. Schriftsteller-Gesch. XVI, 349 ff.
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