Johannes
Kahler, * Wollmar (Wolmariensis Hassus) 20. 1. 1649,
+
Pyrmont 17. 5. 1729, Bruder des Kirchenseniors Johann Hermann
Kahler,
Studium ab April 1668, Stipendiat 4.
4. 1674-1677; Professor der Philosophie 1677-1683 und
der Theologie 1683-1729 in Rinteln
("Dn. Johanne Kahler,
S.S. Theol. Doct.
ejusdemque
Professore Primario & Mathematum Ordinario",
Präses
einer
Prüfungskommission)
Kahler: Johann K.,
lutherischer Theolog und Philosoph des 17. Jahrhunderts, geb. zu
Wollmar in Hessen, zwei Stunden von Marburg, als Sohn eines Landmanns
und Gerichtsschöffen, am 18. Januar 1649, † am 17.
Mai 1729 als Professor an der Universität Rinteln
während eines Besuchs zu Pyrmont. – Seine
frühe sich zeigende gute Begabung veranlaßte die
Eltern, ihn für eine gelehrte Laufbahn zu bestimmen. Er
studirte zu Marburg und Gießen neun Jahre lang Philosophie
und Theologie, wurde 1670 zu Gießen Magister, führte
die Aufsicht über einen jungen Grafen Görz und vier
schwedische Edelleute, hielt philosophische Vorlesungen und war einer
der Ersten, welche die cartesianische Philosophie an einer deutschen
Universität in Gang brachten, während [796] er die
Fundamente der bisherigen Schulphilosophie
mit großem Scharfsinn bekämpfte (ea judicii polluit acie, ut
putidae Scholasticorum philosophiae fundamenta primus labefactaret
etc.).
Er fand bei diesem Vorgehen
anfangs vielfachen Widerspruch, besonders
von Seiten
des Gießener Theologen Haberkorn († 1676),
während Andere
sich seiner annahmen und den Cartesianismus nicht schlechthin verwerfen
wollten. 1677 wurde er außerordentlicher Professor der
Metaphysik zu Rinteln, noch in demselben Jahre prof. log., 1678 prof. math. und metaphys. ord., 1683 Dr. theol. und
ordentlicher Professor der Theologie, 1697 prof. theol. primarius, versah
auch freiwillig das Amt eines Universitätsbibliothekars. Bei
mäßigem Leben erfreute er sich einer
kräftigen
Gesundheit, war ein sehr fleißiger Arbeiter auf
verschiedenen Gebieten der Wissenschaft und besaß ein
außerordentliches Gedächtniß, so
daß er das
Blatt des Schriftstellers bezeichnen konnte, wo er vor 50 Jahren
etwas gelesen. Er starb als Rector magnificus der
Universität Rinteln auf seinem Landgut zu Pyrmont, wohin er
verreist war, im 81. Lebensjahre. – Er schrieb zahlreiche
Schriften und Abhandlungen philosophischen, naturwissenschaftlichen,
theologischen Inhalts; z. B. „Paradoxa Cartesii
philosophia“, eine
Anpreisung der cartesianischen Philosophie, 1673 confiscirt,
de intelligentiis, de
causa morali,
de libertate Dei; ferner
Abhandlungen über Erdbeben, Kometen, Reflexion des Lichtes,
auch eine Einleitung zu einem Lehrbuch der allgemeinen Geographie, das
aber unvollendet blieb; endlich: „Collegium
theologicum“, über
die Lästerung des heil. Geistes, über
Unabänderlichkeit der Erwählung, Zurechnung fremder
Sünde, Polygamie, verbotene Verwandtschaftsgrade,
„de haeresi Enthusiastarum“, über die Augsburger
Confession und die schmalkadischen Artikel, über
evangelische Kirchenordnungen etc. – (...)
- S. über Beide: J. N. Funck,
Oratt. acad., S. 39 ff.; Schmersahl,
Zuverl. Nachr., I. 113; Moser, Lexikon; Neubauer, Nachrichten von
jetztl. Gottesgel., S. 179; Strieder,
Hess. Gel.-Gesch., VI. 458 ff., 470 ff.; Jöcher,
II. 2045; Rotermund,
III. 28 ff.; Tholuck, Akad. Leben
des 17. Jahrh., II. S. 10.
Empfohlene Zitierweise:
Artikel
„Kahler, Johann“ von Julius August Wagenmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der
Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der
Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 795–796, Digitale
Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: http://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kahler,
Johann&oldid=111623 (Version vom
9. November 2010, 10:59 Uhr UTC)
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