HARDERT - BENDER ENGELBACH 
Joseph Berberich - Margarethe Pfuhl



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berberich_joseph
Joseph
Berberich

* Großkrotzenburg 20. 5. 1897, + New York 3. 6. 1969,
Prof. Dr. med.,
Arzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde

"Die Familie Berberich war neben den Familien Hirschmann und Waller eine der tragenden Säulen der jüdischen Gemeinde. Sie hat wesentlich zum Gelingen des Synagogenbaus beigetragen. Prof. Dr. med. Berberich hielt 1926 bei der Hundertjahrfeier der Synagoge den Festvortrag. Dort schrieb er zum Verhältnis von Juden und Christen: "Die Beziehungen zwischen Juden und der vornehmlich aus Katholiken bestehenden christlichen Gemeinde sind als ausgezeichnet zu betrachten...".(1)
Seine Lebensgeschichte soll im Folgenden vorgestellt werden:

"Joseph Berberich wurde am 20. Mai 1897 als Sohn des Maklers und Händlers Moses Berberich und seiner Ehefrau Rosa, geb. Spiegel, geboren. Nach dem Abitur im Jahr 1914 begann er das Medizinstudium an der Universität Frankfurt. Im Ersten Weltkrieg war er zuerst Kriegsfreiwilliger, dann als Hilfsarzt in Großauheim und Frankfurt tätig.(2) 1919 legte er in Frankfurt sein Staatsexamen ab. Für ein Jahr absolvierte er ein Praktikum am Rudolf- Virchow-Krankenhaus in Berlin. Von dort kehrte er im Januar 1921 nach Frankfurt am Main zurück. Der Ort wurde zum Zentrum seines medizinischen Wirkens für die kommenden siebzehn Jahre.

Im April 1921 erhielt er die endgültige Approbation zum Arzt. In den Jahren 1921-1924 arbeitete er am Pathologischen Institut der Frankfurter Universität. Zum 1. April 1924 wechselte er als Assistenzarzt in die Hals-Nasen-Ohren-Abteilung der Universitätsklinik Frankfurt am Main. Aufgrund seiner hervorragenden wissenschaftlichen Arbeit und seiner zahlreichen wissenschaftlichen Veröffentlichungen erhielt er 1926 den Titel Privatdozent und 1927 die Lehrbefugnis für Ohrenheilkunde und Rhinologie. Bereits damals forschte er nach Ersatzmöglichkeiten für das menschliche Trommelfell. Vor ihm lag eine Bilderbuchkarriere als Arzt und Wissenschaftler. 1929 erfolgte seine Ernennung zum Oberarzt, 1931 die außerordentliche Professur. Das Städtische Krankenhaus Berlin- Neukölln wählte ihn im September 1932 zum Direktor der Hals-Nasen-Ohren-Abteilung. Er hat diese Stelle nicht realisiert, da parallel dazu Verhandlungen liefen, die ihm die Leitung einer Universitätsklinik ermöglicht hätten. Noch im Januar 1933 bot ihm die Universität Bonn eine ordentliche Professur an. Doch der Nationalsozialismus vernichtete die vielversprechenden Zukunftsaussichten. Am 6. April 1933 wurde Professor Dr. med. Joseph Berberich durch einen Pfleger entlassen. Offiziell wurde seine Kündigung durch ein Schreiben des Magistrats-Personaldezernenten vom 6. April 1933 zum 30. September 1933 wirksam. Als offizieller Kündigungsgrund wurden "unumgängliche Ersparnisse der Personalausgaben" angegeben, tatsächlich handelte es sich um eine fristlose Kündigung aus rassischen Gründen gemäß NS-Ideologie, die ihm nur eine Stunde Zeit gab, seinen Arbeitsplatz zu verlassen. Am 7. April 1933 wurde ihm auf der Grundlage des Paragraphen 3 des Gesetzes über die Wiederherstellung des Berufsbeamtentums seine Lehrbefugnis aberkannt.
Finanziell hielt er sich und seine Frau Margarethe, geb. Pfuhl aus Frankenberg, mit einer eigenen Praxis in der Bockenheimer Anlage über Wasser, allerdings blieb ihm die Zulassung als Kassenarzt versagt.
International war seine medizinische und wissenschaftliche Reputation ungebrochen, so bot ihm die Universität Istanbul 1935 und 1936 eine ordentliche Professur an. Aber dieses Angebot ließ sich nicht realisieren, da die Nationalsozialisten ihm 1936 den Professorentitel aberkannten. Per Verordnung vom 25. Juli 1938 wurde ihm, dem Arzt jüdischen Glaubens, zum 1. Oktober 1938 die Approbation entzogen. Dies bedeutete die Schließung seiner Praxis und den Verlust seiner Existenz.
Im November 1938 hielt er sich in Großbritannien auf. Dort bestärkte ihn die Berichterstattung über den Novemberpogrom, nicht nach Deutschland zurückzukehren. Bis zu seiner Auswanderung in die USA im Februar 1940 arbeitete er wissenschaftlich an einem Krankenhaus in Großbritannien.
Privatleute unterstützten ihn in dieser Zeit finanziell. In den USA wurden seine medizinischen Examina nicht anerkannt. Er mußte sie erneut ablegen. Dank seiner hervorragenden Fachkenntnisse gelang ihm dies binnen eines Jahres.
Im Juni 1941 konnte er eine eigene Praxis in New York eröffnen, wo er sich in weiten Kreisen großen Ansehens als Hals-Nasen-Ohren-Spezialist erfreute. Parallel dazu arbeitete er unentgeltlich im Mt. Sinai Hospital in New York.

Der in Deutschland erarbeitete Besitz von Margarethe und Joseph Berberich wurde von der Naziregierung beschlagnahmt. Die Gestapo veräußerte die zuvor beschlagnahmten Möbel und den Hausrat. Rechtsgrundlage dazu bildete die NS-Verordnung vom 3. Dezember 1938 über den Einsatz jüdischen Vermögens. Sie sah dessen Zwangsveräußerung vor. Das Barvermögen floß in Form der Reichsfluchtsteuer, der Einkommensteuer und der als Folge des Novemberpogroms als "Sühneleistung der Juden" deklarierten existenzgefährdenden Zwangsabgabe über die Finanzkasse der Stadt Frankfurt am Main dem Reichsetat und somit ab September 1939 der Kriegskasse zu. Hinzu kamen noch die Erlöse aus dem beschlagnahmten Schmuck.

Nach dem Ende der Naziherrschaft wurde Margarethe und Joseph Berberich der materielle Schaden soweit möglich ersetzt. Die berufliche Rehabilitation erfolgte durch die erneute Zuerkennung des Titels Professor.

Nicht wieder gutzumachen war die Ermordung seiner Schwester Klara Freund durch die Nationalsozialisten sowie das Wissen, um eine glänzende Karriere als Arzt und Wissenschaftler betrogen worden zu sein.(3)

Prof. Dr. med. Joseph Berberich starb am 3. Juni 1969 im Alter von 72 Jahren
in New York/USA. Gemäß seinem Wunsch wurde seine Urne nach Frankfurt am Main überführt und dort am 18. Juli 1969 auf dem neuen jüdischen Friedhof beigesetzt. 
Auf diesem Friedhof waren bereits Anfang der vierziger Jahre seine Eltern Moses Berberich (gestorben am 10. 2. 1940) und (...) Rosa, geb. Spiegel, bestattet worden.(4)"

Anmerkungen:
(1) Berberich, 1926, S. 46
(2) Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen, Bd. 1, Frankfurt 1971, S. 292
(3) Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Abt. 518, Nr. 19319 Dr. med. Berberich              Joseph (geb. 20. 5. 1897), wohnhaft 295 Central Park West, New York 24, NY/USA
(4) gemäß telefonischer Auskunft der Verwaltung des jüdischen Friedhofs in Frankfurt
     am Main, Herrn Mayer Szanckover. (...)


Die hier wiedergegebene Darstellung seiner Lebensgeschichte ist dem Band
"Ihre Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens", Hanau 2002, entnommen.



Joseph Berberich legte sein Abitur 1914 auf der Hohen Landesschule in Hanau ab. Er war Kriegsfreiwilliger im Ulanenregiment Nr. 6 Hanau.

Den Namenszusatz "Johann Wolfgang Goethe" erhielt die Stiftungs-Universität Frankfurt erst ab 1932.

pfuhl-grete In einem eigenhändigen Schreiben aus Frankfurt vom
1. 8. 1961 bedankt sich Joseph Berberich bei den Marburger Verwandten, den Schwestern Ottilie Waldschmidt und Elly Hoeft, für die Teilnahme an der Beisetzung der Urne seiner Frau Margarethe auf dem Friedhof in Marburg. Er erwähnt besonders
die "freundliche und familiäre Hilfsbereitschaft".
In Frankenberg/Eder am
20. 9. 1895 geboren, wuchs Grete Pfuhl, nach der Versetzung ihres Vaters nach Marburg, am Friedrichsplatz 7 und in der Haspelstraße 16 auf. Nach der Schule erhielt sie eine Ausbildung zur Krankenschwester
und Gymnastiklehrerin. Ihr 
beruflicher Werdegang führte sie schließlich nach Frankfurt, wo sie in der Mainzer Landstraße 34 wohnte. Dort heiratete Margarete Charlotte Elisabeth Pfuhl am 11. 11. 1933 (laut Heiratsbuch) "den praktischen Arzt, Doktor der Medizin, Professor" Joseph Berberich, wohnhaft in der Bockenheimer Anlage 36; Trauzeugen waren seine Kollegen Dr. med. Hans Behrendt, Bockenheimer Landstraße 83, und Dr. med. Ernst Metzger, Mainzer Landstraße 51.

Ottilie Waldschmidt wußte zu erzählen, ihre Cousine in New York habe ihr einmal brieflich mitgeteilt, daß unter den Patienten ihres Mannes auch eine prominente deutsche Schauspielerin sei: Marlene Dietrich.

Mit den Verwandten in Marburg, ihrer Patentante Charlotte Waldschmidt (eine  Schwester ihrer Mutter) und den beiden Cousinen, die seit 1911 in der ehemaligen Pfuhl'schen Wohnung am Friedrichsplatz wohnten, hielt Grete Berberich stets engen brieflichen Kontakt. Nach dem Krieg trafen ungezählte Care-Pakete am Friedrichsplatz 7 ein. An die große Wohnung im 4. Stock mit Blick über das Südviertel auf das Schloß behielt sie zeitlebens eine sehr gute Erinnerung, war sie doch der Ort ihrer frühen Kindheit und der Treffpunkt der zahlreichen Geschwister ihrer Mutter gewesen; von ungezählten fröhlichen Familienfeiern wußte Ottilie Waldschmidt zu berichten.

Prof. Berberich war lange Jahre Vorsitzender der "Rudolf Virchow Medical Society in the City of New York"; zum 100. Jahrestag der Gesellschaft erschien 1961 eine Festschrift mit Beiträgen verschiedener Wissenschaftler.

(Nachtrag zum Lebenslauf von Prof. Berberich nach mündlicher Überlieferung und Dokumenten aus dem Nachlaß von Ottilie Waldschmidt; von Michael Engelbach)








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