STOCKHOLM - Beim jüngsten Nobelfest hatte Schwedens
Königin Silvia den japanischen Physikpreisträger
Makoto Kobayashi zum Tischherrn, von dem es heißt, dass seine
einzige Passion Quarks und Symmetriebrüchen gehört.
Nach den TV-Bildern zu schließen, amüsierte sich
Silvia dennoch in der Gesellschaft des komplizierten Genies. Strahlend
schön war sie sowieso. Schwedens größte
Zeitung „Aftonbladet“ vergab tags darauf
für Silvias „wunderbares Kleid aus türkis
Taft“ die Höchstnote.
So mögen die Schweden ihre
Königin. Silvia sei auch 32 Jahre nach ihrer Hochzeit mit dem
damals sehr jungen und unbeholfenen König Carl Gustaf
„uneingeschränkt populär“, sagt
die Journalistin Eija Nilsson, die die Karriere der
Deutsch-Brasilianerin Thron begleitet hat. Jetzt kommt Silvia in ein
Alter, in dem es Zeit für die Rente wäre, wenn sie am
23. Dezember 65 wird. Doch daran ist nicht zu denken, solange ihr
Ehemann sich nicht zu Gunsten von Kronprinzessin Victoria
zurückzieht - und das ist nicht in Sicht.
Dabei hatte die in Heidelberg geborene und in
Brasilien aufgewachsene Silvia Sommerlath geglaubt, ihr Leben
könne nicht hektischer werden, als sie 1972 bei den
Olympischen Spielen von München als Chefhostess für
die Organisation ihrer 1648 Kolleginnen verantwortlich war.
„Ich habe mich getäuscht“, sagte sie
später ironisch, „das Leben kann immer noch
hektischer werden.“ Die Geschichte, wie der Kronprinz sie im
Stadion mit dem Fernglas erspähte und dann zum Essen einlud,
ist in Schweden Allgemeingut. „Es hat klick
gemacht“, sagt Carl Gustaf - und seither ist Silvia
für die Schweden die Frau mit dem Klick.
Die Frau, die sich zu den fünf Sprachen, die sie beherrschte,
auch ein sehr gepflegtes, wenngleich nicht akzentfreies Schwedisch
aneignete, hat dem Königshaus ihren Stempel
aufgedrückt. Carl Gustaf war ein Playboy, der
sich vor allem für Autos, Boote und Blondinen
interessierte, und die Popularität der Monarchie Anfang der
70-er Jahre auf dem Tiefpunkt. All das änderte sich mit ihrem
Einzug ins Schloss. Als das Paar drei Kinder bekam - Kronprinzessin
Victoria wurde 1977 geboren, Carl Philip folgte 1979, Prinzessin
Madeleine 1982 - hatten die Royalisten wieder Oberhand in Schweden.
Dass das so blieb, trotz all der Fettnäpfchen, in die Carl
Gustaf tritt und trotz Schlagzeilen über das Jetset-Leben der
Königskinder, sei vor allem Silvia zu verdanken, meint Eija
Nilsson: „Sie steuert ihre Familie und hat intern den
größten Einfluss.“
Dabei ist auch sie kantiger geworden. Hatte sie in
den ersten Jahren die Schweden vor allem mit den Fernsehbildern aus
Schloss Drottningholm verzückt, trägt sie nun auch
mit strittigen Ansichten vor. Im Kampf gegen die sexuelle Ausbeutung
von Kindern sprach sie sich für die Publizierung von Namen und
Fotos pädophiler Täter aus, und dafür, dass
auch schon das Betrachten von Kinderpornografie strafbar sein solle.
Der Kampf gegen den „diabolischen Missbrauch“
müsse Vorrang haben vor Datenschutz und Integrität.
Den Vorwurf, dass ihr als Mitglied des über der Politik
stehenden Königsfamilie solch „politische
Ansichten“ gar nicht zustehen, konterte sie mit dem Einwand,
dass man respektieren solle, „dass auch wir unsere Meinungen
haben.“
Lügen werden nicht hingenommen
Sie unterstützt durch ihre
Weltkinderstiftung Projekte für Notleidende in 15
Ländern und fördert durch das
„Silviaheim“ die Forschung in Demenzkrankheiten.
Sie hat großen Respekt für ihre offene Art gefunden
- wie sie vom Leiden erzählte, das die Demenz ihrer Mutter mit
sich brachte, und wie sie um Verständnis und Ruhe für
ihre älteste Tochter bat, als Victoria von
Essstörungen geplagt abmagerte. „Es gibt keine
königliche Familie, die so offen ist wie unsere“,
sagt Silvia. Nicht einmal die operative „Korrektur“
ihrer Augenlider hat sie verheimlicht. Gerade deshalb zieht sie eine
scharfe Grenze: offensichtliche Lügen, wie sie vor allem von
der deutschen Klatschpresse verbreitet wurden, verfolgt das
Königshaus mit Klagen und der Forderung nach Bußgeld
und Berichtigung.
Als Carl Gustaf um die Hand seiner Geliebten anhielt, war er schon
König und daher nicht mehr von den Thronfolgeregeln
abhängig, die die Ehe eines Kronprinzen von der Zustimmung des
Regenten und des Parlaments abhängig machen. Doch die
Eheschließung wäre wohl problematischer gewesen,
wenn man gewusst hätte, dass Silvias Vater im Krieg aktiver
Nazi war.
Damals begnügte sich die Presse mit der Versicherung Walther
Sommerlaths, er sei nie Parteimitglied gewesen. Was nicht stimmte. Doch
dass er schon 1934 in Brasilien der Auslandsorganisation der NSDAP
beitrat, die damals nur für Mitglieder offen stand, sie sich
verpflichteten, „für die Ideen des
Nationalsozialismus“ zu kämpfen, und dass er nach
seiner Rückkehr 1938 nach Deutschland einen Betrieb leitete,
der Kriegsmaterial herstellte, deckte die Zeitung
„Arbetaren“ erst auf, als Silvias Vater schon lange
tot war. Da weckte es in Schweden kaum noch Aufsehen. Silvia selbst hat
dazu nie etwas gesagt, und der Hof begnügte sich mit der
Feststellung, dass Walther Sommerlath „nie Teil der
Königsfamilie war“, weshalb es nichts zu
kommentieren gebe.
(Bildergalerie und Artikel:
Kölner Stadtanzeiger)
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